BUNDESGERICHTSHOF
Az.: XII ZB 215/05
Beschluss vom 15.02.2006
Vorinstanzen:
AG Erfurt, Az.: 32 F 1222/01, Urteil vom 04.05.2005
OLG Jena, Az.: 1 UF 243/05, Urteil vom 22.08.2005
Leitsätze:
Ist offenkundig oder hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis auf dem Verstoß einer sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten gegen eine allgemein erteilte Büroanweisung beruht (hier: Herausgabe eines zur Fristwahrung bestimmten, aber nicht unterschriebenen Schriftsatzes trotz entsprechender Kontrollanordnung), bedarf es keiner weiteren Darlegung oder Glaubhaftmachung des der Partei nicht zuzurechnenden Verschuldens der Angestellten.
In der Familiensache hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 15. Februar 2006 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 1. Familiensenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 22. August 2005 aufgehoben.
Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Beschwerdewert: 1.800 €
Gründe:
I.
Das Familiengericht hat durch Verbundurteil, das dem Antragsgegner am 24. Mai 2005 zugestellt wurde, die Ehe der Parteien geschieden, der Antragstellerin die elterliche Sorge für die 1995 geborene gemeinsame Tochter übertragen und den Umgang des Antragsgegners mit ihr für ein Jahr ausgeschlossen.
Die gegen die Sorgerechts- und Umgangsentscheidung gerichtete Beschwerdeschrift des Antragsgegners, die am 24. Juni 2005 beim Oberlandesgericht einging, und auch die beigefügte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes waren vom Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners nicht unterschrieben worden.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts beantragte der Antragsgegner mit am 27. Juni 2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und legte die Beschwerde, die er inzwischen mit am gleichen Tag eingegangenem Schrif[…]