LG Freiburg (Breisgau) – Az.: 3 S 348/10 – Urteil vom 24.03.2011
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 16. November 2010 – 10 C 2317/10 – aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger oder seinem Bevollmächtigten die Einsichtnahme in die Originalbelege zur Nebenkostenabrechnung des Kalenderjahres 2008, die Mietwohnung … im Hause … in Freiburg betreffend, am Mietort Freiburg zu ermöglichen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Beschluss: Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf 626,18 €.
Gründe
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO).
Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
1. a) Bei der Frage, an welchem Ort die Verpflichtung zur Vorlage der Belege zur Nebenkostenabrechnung zu erfüllen ist, handelt es sich in erster Linie um eine Frage der Auslegung des jeweiligen Mietvertrags. Die Parteien können den Erfüllungsort dieser Verpflichtung jedenfalls durch individualvertragliche Vereinbarung frei bestimmen (vgl. (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 Rn. 486). Auch aus § 269 BGB ergibt sich, dass maßgeblich für den Leistungsort in erster Linie die ausdrückliche oder stillschweigende Parteivereinbarung ist. In zweiter Linie sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, darunter insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 269 Rn. 8 ff.). Beim Wohnungsmietvertrag als gegenseitigem Verträgen mit einer Mehrzahl von Verpflichtungen gibt es insofern nicht von vornherein einen einheitlichen Erfüllungsort, vielmehr ist letzterer für jede Vertragspflicht gesondert zu bestimmen (vgl. Grüneberg a.a.O. Rn. 7 m.w.N.).
Hinsichtlich der hier streitigen Verpflichtung zur Vorlage von Belegen geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, dass diese in Fällen, in denen Vermieter und Mieter ihre Wohnung bzw. ihren Sitz im gleichen Ort haben, in den Räumen des Vermieters zu erfüllen ist. Bei Unzumutbarkeit der Einsichtnahme dort für den Mieter hält der Bundesgerichtshof jedoch auch jenseits des Anwendungsbereichs von § 29 Abs. 2 Satz 1 NMV einen Anspruch auf Übersendung von Fotokopien gegen Kostenerstattung für denkba[…]