AG Siegen – Az.: 420 Cs 22 Js 263/10 – 1173/10 – Urteil vom 30.05.2011
Der Angeklagte wird auf Kosten der Staatskasse, die auch seine notwendigen Auslagen zu tragen hat, freigesprochen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist 49 Jahre alt, deutscher Staatsangehöriger und Bürgermeister der Stadt N…, in welcher er auch wohnhaft ist. Er ist ledig und hat ein Kind. Strafrechtlich ist er bislang nicht in Erscheinung getreten.
II.
Dem Angeklagten wird mit Strafbefehl vom 25. Januar 2011 vorgeworfen, im Juni 2010 in N den Herrn W. beleidigt zu haben. Hintergrund ist eine seit über 10 Jahren schwelende Auseinandersetzung der Anwohner und der Stadt N. im Hinblick auf das Wohngebiet „B.“ in N.. Ende der 1990-er Jahre war die Erweiterung dieses Wohngebietes durch die Stadt N. beabsichtigt. Dies stieß auf den Widerstand der Anwohner. Im Zuge dieser Auseinandersetzung übersandte der Herr W. unter dem 30.06.1998 ein Schreiben an den Gemeindedirektor sowie den Bürgermeister der Stadt N.. Dieses Schreiben lautet inhaltlich wie folgt:
Bebauung B. und ehemaliger Sportplatz
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor einigen Wochen hatte die CDU […] zu einem Bürgergespräch eingeladen. Dabei kam auch die Bebauung von B. und ehem. Sportplatz zur Sprache, nachdem dieses Thema vorher ebenfalls in der Presse ausführlich behandelt worden war. Empörung über den in der Presse veröffentlichten Plan wurde nicht nur von den anwesenden Anliegern geäußert. Die Baudezernentin, Frau […], hat damals die Einwände aufmerksam registriert und bestätigt, dass zunächst einmal ein Bebauungsplan erstellt würde und die ursprüngliche Planung von, wenn ich das recht in Erinnerung habe, über 60 Wohnungen auf dem Sportplatz noch nicht spruchreif sei.
Hängengeblieben ist aber bei mir und auch bei anderen Anwesenden, dass eine, wenn auch vielleicht etwas reduzierte Ansiedlung neuer Wohnungen durchaus im Interesse der Gemeinde liegt. Hier setzt das völlige Unverständnis der Bürger ein, dabei meine ich nicht nur die Anlieger.
Bei der Vielzahl der ausländischen Mitbürger, die auch in der Gemeinde N. wohnen, muss es doch oberstes Gebot von Politik und Verwaltung sein, eine gesunde Mischung in der Wohnansiedlung zu beachten und eine Ghetto-Bildung unter allen Umständen auszuschließen. Wer das Wohngebiet B. mit der Umgebung kennt, sieht bisher schon den sozialen Sprengstoff heraufziehen. Ganz abgesehen davon stellt jeder vernünftige Bürger die Frage, ob man jetzt auch noch den letzten Freiraum für ein Mindestmaß an Leben und Aufwach[…]