OLG Koblenz – Az.: 5 W 477/11 – Beschluss vom 04.10.2011
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 10. August 2011 wird der die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ablehnende Beschluss des Landgerichtes Mainz vom 22.07.2011 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
3. Der Beschwerdewert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Jedenfalls unter Berücksichtigung des weiteren Beschwerdevorbringens hat das Landgericht den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zu Unrecht mangels Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt.
Nach § 485 Abs. 1 ZPO ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Zustimmung des Gegners – die hier fehlt – oder bei einem drohenden Beweismittelverlust zulässig. Für Letzteres fehlt es an einem hinreichenden Vortrag.
Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei nach § 485 Abs. 2 ZPO die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen auch beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens festgestellt werden soll. Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn die Feststellungen geeignet sein können, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund wird die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens auch in Arzthaftungssachen grundsätzlich für zulässig erachtet (BGH VersR 2003, 794; Senat v. 14.12.2001, 5 W 822/01, MDR 2002, 352 = MedR 2002, 359 = ZfS 2002, 126; Senat v. 04.04.2005, 5 W 159/05, MDR 05, 888 = MedR 2005, 531). Dies entspricht der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (Frahm/Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. 258 m.w.N. in FN 17).
Symbolfoto: Von Prilutskiy/Shutterstock.comDabei ist anerkannt, dass die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens auch dann zulässig ist, wenn die Dokumentation nicht herausgegeben wurde oder Zeugenaussagen noch nicht vorliegen (Frahm/ Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 4. Au[…]