Bundesgerichtshof
Az: IV ZR 58/07
Urteil vom 29.10.2008
Leitsätze:
1. Wegen der Abfindung, die der Erblasser für den Verzicht eines Abkömmlings auf das gesetzliche Erbrecht leistet, steht einem weiteren Abkömmling ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Hinblick auf die Erhöhung seiner Pflichtteilsquote nach § 2310 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht zu.
2. Das setzt voraus, dass sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden hält. Auf den Wert eines vom Verzichtenden zu beanspruchenden Pflichtteils kommt es insoweit nicht an; (der abweichende Standpunkt im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 1985 – II ZR 150/84 – NJW 1986, 127 unter II 2 wird aufgegeben).
3. Für die Frage, ob die vom Erblasser gewährte Leistung über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten Schenkungen anerkannte Beweiserleichterung berufen. Danach ist eine Schenkung zu vermuten, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht.
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das genannte Urteil unter Zurückweisung der Revision der Beklagten im Übrigen aufgehoben, soweit die Beklagte zu 1 zur Zahlung von mehr als 5,2% Zinsen aus 118.635,32 EUR vom 31. Januar 1998 bis zum 6. April 2003 abzüglich darauf bereits geleisteter 1.004,59 EUR und der Beklagte zu 2 in einer diese Zinsforderung übersteigenden Höhe zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass verurteilt worden ist.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 9/10 und die Beklagten je 1/20 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer am 9. Februar 1997 verstorbenen Mutter gegen die Beklagte zu 1, ihre Nichte, als Alleinerbin geltend; zugleich nimmt sie den Beklagten zu 2 als Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass in Anspruch.
Die Schwester der Klägerin (und Mutter der Beklagten zu 1) hatte in einem notariellen Vertrag vom […]